Die Wüste hat eine magische Anziehungskraft auf mich. Schon lange habe ich davon geträumt mal ein Yogaretreat dort anzubieten. Als ich auf Barak Oussidi seine Freundin Ayla und Sahara Yoga gestoßen bin, war klar: das ist es.
Wir haben uns in Hamburg getroffen und ich war sofort sehr inspiriert. Im Interview erzählt Barak, wie ihn die Wüste selbst geprägt hat und wie er die Idee von Sahara Yoga umgesetzt hat.
1. Du bist Nahe der Marokkos Sahara aufgewachsen. Wie hat dich das geprägt?
Mein Leben in der Wüste mit meiner Familie hat mich sehr geprägt. Ich bin sehr verbunden mit der Natur der Wüste und meinem Heimatdorf Merzouga. Dieses hat mein Vater 1949 gegründet als Nomade. Merzouga bedeutet „fruchtbar“ und die Lebensader des Dorfes ist die Oase. Ein großer Garten, wo jede Familie des Dorfes Obst, Gemüse und Getreide anbaut.
Eine besondere Eigenschaft aus der Wüste ist die Geduld. Mein Vater hat immer gesagt:
2. Wie bist du nach Deutschland gekommen?
Eigentlich wollte ich in Kanada Medizin studieren. Aber dann kam die Liebe dazwischen. Bevor ich die Zusage der Uni bekam und die Aufenthaltsgenehmigung für Kanada habe ich mich in Marokko in eine Deutsche Frau verliebt. Für sie habe ich meine Heimat verlassen und bin nach Deutschland gekommen. Dafür bin ich heute sehr dankbar, denn sonst würde es Sahara Yoga und alle anderen Projekte, wie das Kinderprojekt nicht geben. Durch meine Auswanderung nach Deutschland konnte ich in meinem Heimatdorf viel bewegen. Ich habe zum Beispiel ein Hilfsprojekt gegründet, um Kindern mehr Schulbildung zu ermöglichen.
In Merzouga bin ich für die Oase verantwortlich und versuche der Gegend etwas zurückzugeben. Diese Verantwortung habe ich von meinem Vater geerbt, der das Dorf Merzouga 1949 gegründet hat. Vorher lebten dort Nomaden. Es geht auch darum nachhaltigen und bewussten Tourismus zu schaffen, so dass die Einwohner und die Besucher gleichermaßen profitieren. Wasser ist zum Beispiel nach wie vor ein großes Thema dort. Meine Familie ist dabei immer an meiner Seite, egal wo ich bin.
3. Kannst Du das näher beschreiben. Wie meinst Du das?
Meine ganze Familie profitiert von Sahara Yoga. Es ist ein Familienunternehmen. Viele arbeiten auch im Wüstencamp. Ich habe 55 Neffen und Nichten, es ist ein große Familie und da geht um Familienzusammenhalt. Alles was wir verdienen und machen, investieren wir zurück in die Familie. „Eine Hand klatscht nicht“, sagen wir. Zusammen können wir vielmehr erschaffen. Mein Vater lebt zwar nicht mehr. Aber er ist immer präsent. Für mich ist er gar nicht gegangen, weil ich so verbunden mit ihm bin.
4. Was war die beeindruckendste Erfahrung, die Du gemacht hast?
Ich hatte mein Leben lang und bis heute eine sehr enge Verbindung mit meinem Vater. Auch über die weite Entfernung konnte ich spüren, wann es ihm gut geht und wann nicht. Das ich die Brücke zwischen Deutschland und Marokko gebaut habe, hatte sehr viel mit ihm zu tun. Bis er vor fünf Jahren gegangen ist, habe ich ihn noch gepflegt.
Diese Verbindung ist für mich das wichtigste, beeindruckenste und prägenste in meinem Leben. Er hat mir beigebracht immer auch das Ganze im Blick zu halten. Und bei Entscheidungen daran zu denken, das sie keinem schaden. Bei jeder Entscheidung denke ich immer auch an meinen Vater. Ich frage mich: „Wie würde er es machen?“.
4. Du hast Sahara Yoga ins Leben gerufen. Wie kam die Idee dazu und wie hast Du sie umgesetzt?
Nachdem ich meinen Job als Krankenpfleger in Deutschland gekürzt habe, bin ich für viele Wochen zurück in meine Heimat gegangen. Dort habe ich mir ein Kamel genommen, etwas zu Essen und bin für einige Tage in die Wüste gegangen. Ich habe auf einer Düne gesessen und darüber nachgedacht, wie ich in meinem Leben meine beiden Heimatländer, Marokko und Deutschland, verbinden kann.
Ich bin in einer sehr spirituellen Famiie aufgewachsen und in Deutschland habe ich gemerkt, wie sehr die Menschen an Spiritualität und Yoga interessiert sind. Die Wüste ist ein heiliger Ort und wo kann man besser Yoga praktizieren als in mitten der Stille und der Natur? Auf einer Düne mitten in der Wüste kam dann die Idee für Sahara Yoga. Ich habe eine Reiseroute konzipiert und meine erste Reise dann zwei Monate später durchgeführt. Das ist inzwischen 10 Jahre her.
4. Was ist deine Intention mit den Yogareisen in die Sahara?
Wir schaffen Räume in denen Menschen sich in ihrer Freude begegnen können. Mit Sahara Yoga machen wir genau das. Wir erschaffen einen Raum der gefüllt ist mit familiärer und natürlicher Energie. Bei uns kommen Menschen zurück zu ihren Wurzeln. In der Einfachheit der Wüste in unserem Camp sind die Teilnehmer getragen durch die Herzlichkeit der Familie und der anderen Teilnehmer. Dieses Gefühl haben wir in Deutschland oft verloren. In der Wüste spüren wir wieder was wirklich wichtig ist im Leben. Ohne Familie kommst Du nicht weiter, es ist der Schlüssel des Lebens. Es geht auch darum zu verzeihen und sich wieder miteinander zu verbinden.
4. Was macht die Wüste deiner Erfahrung nach so besonders?
Die Wüste ist ein heiliger Ort. Er verbindet dich mit deinem Ursprung. Ohne die ganzen äußeren Reize, die Kommunikation, die ganzen Läden hast du Zeit zu dir zu kommen. Durch die Stille und natürliche Schönheit bekommst du eine riesengroße Klarheit. Es ist schwer zu beschreiben, wenn man noch nicht da gewesen ist. Aber wenn man dort ankommt, weiß man sofort Bescheid.
Du lernst auch mit alltäglichen Kleinigkeiten umzugehen. Außerdem ist es wichtig dich mit anderen zu verbinden. Wenn Du nur „Ich Ich Ich“ denkst, dann kannst du in der Wüste nicht überleben. Es geht auch um Gemeinschaft und darum sich auf einander einzulassen.
Die Wüste reinigt die Seele. Allein die Wärme und die Luft trägt dazu. Außerdem fördert sie absolutes Loslassen. Die ganzen äußeren Konzepte über die wir uns definieren, verlieren mehr und mehr an Bedeutung. Die Fassade, die wir uns oft aufbauen, spielt dort keine Rolle mehr. Das verändert.
5. Jetzt organisiert Du zusammen mit deiner Freundin Ayla ein Yogafestival in Kiel. Wie kam es dazu?
Ich war vor sieben Jahren in Berlin beim Berliner Yogafestival. Das ist ein Festival am See. Seitdem trage ich die Idee in mir, ein Yogafestival am Strand in Kiel zu machen. Ich habe lange einen geeigneten Ort gesucht. Als Ayla und ich in Kiel zusammengezogen sind und uns beim Amt umgemeldet haben, sind wir anschließend mit einem Eis einfach losmaschiert. Und dann standen wir auf einmal im Jugenddorf Falckenstein und wussten, dass dort der perfekte Ort für unser Festival ist. Ein Jahr später hat dort das erste Kieler Yogafestival stattgefunden.
6. Du schaffst es offensichtlich deine Ideen schnell in die Realität zu verwandeln. Wie machst Du das?
Ich habe den Antrieb etwas für Menschen zu tun. Bevor ich etwas mache, schaue ich nicht auf die Finanzen, sondern schaue ob es von Herzen kommt. Dann mache ich es und habe Vertrauen. Außerdem gebe ich nicht auf, wenn ich eine Idee habe. Es ist also eine Mischung aus Geduld, Vertrauen und Mut. Das ist manchmal schwierig am Anfang. Aber ich habe festgestellt, wenn ich es wirklich von Herzen tue und meine ganze Energie reingebe, dann bin ich ruhig und vertraue.
Ich glaube, dann kann es nur gut laufen. Generell bin ich stark verbunden mit meinen Gefühlen und wenn etwas mit meinem Herzen verbunden ist, dann bin ich überzeugt und habe keine Ängste. Ich sehe ganz schön viele Menschen, die verängstigt sind – auch durch die Medien und die Politik. Ich glaube, das ist überhaupt nicht förderlich.
7. Was ist eurer Wunsch mit dem Yogafestival Kiel?
Im Prinzip steckt hinter dem Kieler Yogafestival dieselbe Intention wie hinter Sahara Yoga. Wir erschaffen den Raum, der in der Wüste existiert auch in Kiel. So verbinden wir unsere beiden Heimatorte. Das Kieler Yogafestival ist ein Kurzurlaub am Meer mit Menschen, die auf derselben Reise sind.
Für unsere Teilnehmer, die bereits in der Wüste waren, ist es ein Wiedersehen mit der Gruppe. In unserem Gruppen in der Wüste schließen viele sehr enge Verbindungen. Das Kieler Yogafestival ist daher wie ein Familientreffen mit alten und neuen Bekannten.
8. Was wünscht Du dir für die nächsten Jahre?
Das es genauso weitergeht wie es jetzt ist und wir noch mehr Räume schaffen. Und wir sind überzeugt, dass wenn wir etwas von Herzen machen mit Liebe, Geduld und Vertrauen, dann kann es nur funktionieren.
Ich wünsche mir für mein Dorf und auch für andere touristische Destinationen auf dieser Welt, dass die Nachhaltigkeit der Destinationen immer im Vordergrund steht. Wir müssen unsere Erde, unsere Heimat schützen und alle mit einbeziehen. Darum habe ich das Kinderprojekt in Merzouga gegründet, wo die Kinder schon früh den nachhaltigen Umgang mit ihrer Heimat lernen.
Von allen Menschen erwarte ich einen respektvollen Umgang miteinander, wenn sie sich begegnen. Jeder kann in der Welt etwas positives beitragen.
Mehr Info über Barak und Sahara Yoga findest Du hier: