Vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einer befreundeten Yogalehrerin. Wir plauderten darüber, wie es ist Yoga zu unterrichten und wie es sich mit den Jahren verändert. Irgendwie kamen wir auf unsere Anfänge als Yogalehrer zu sprechen. Ich erzählte ihr, wie es bei mir losging  und sie staunte und sagte: „Das hätte ich bei dir nicht gedacht“. Aber der Anfang war bei mir alles andere als leicht.

Was tun, wenn am Anfang keiner in deinen Yoga Unterricht kommt?

Die erste Stunde durfte ich im Studio von Monkeymindyoga unterrichten. Jette und Sophia hatte gerade erst aufgemacht und sich Räume in Eimsbüttel angemietet.  Es gab an vier Abenden feste Yoga-Klassen in der Woche. Eine davon durfte ich übernehmen. Nun ist es ja so, wenn Du beginnst zu unterrichten, kommen drei Dinge zusammen.

A. Keiner kennt dich, außer deine Freunde und dass die Yoga machen, ist leider nicht selbstverständlich.

B.  Du bist neu, d.h. Du hast gerade angefangen zu unterrichten. Du bist nicht so erfahren wie jemand, der schon lange unterrichtet.

C. Oft gibt es etablierte Lehrer im Studio, die einen eigenen Stil haben, den die Schüler mögen, die in das Studio kommen.

Ich erinnere mich also noch genau, wie ich loslegte. Erst mit Poweryoga, kurz danach Jivamukti Yoga. Das war damals noch sehr unbekannt in Hamburg und als ich anfing mit Spiritual Talk, energiegeladener Musik und schweißtreibender Asanapraxis kam das bei einigen Schülern gar nicht gut an. Es kamen zwischen 3-5 Yogis in den Unterricht. Es kam auch vor, dass von den 3 Schülern einer auf der Ferse umdrehte und mir im Gehen noch über die Schulter zurief: „Oh Du unterrichtest heute, das wusste ich nicht!“ Die Yogi Szene ist alles andere als ein Streichelzoo. Das echte Leben halt. Zum Glück haben Jette und Sophia mich immer ermutigt weiterzumachen. Und es gibt noch einige Dinge, die geholfen haben.

1. Nicht aufgeben – gute Yoga Lehrer müssen reifen 

Es ist wie es ist. Es braucht Zeit. Loriots Zeichnungen wurden anfangs abgelehnt, Joanne K. Rowling kassierte eine Absage nach der anderen und auch Gabby Bernstein beschreibt wie sie zu Beginn Ihrer Karriere vor nur einer handvoll Menschen sprach – umsonst versteht sich.

Ich finde in Zeiten von Instagram & Co. in denen es so scheint als wären Yogaklassen immer proppevoll und Retreats nur gut, wenn sie aus den nähten Platzen, ist es wichtig sich nicht verunsichern zu lassen. Außerdem sagt die Anzahl der Menschen in deinem Unterricht nichts über deinen Wert aus.

Das Menschen deinen Unterricht verlassen kann verschiedene Gründe haben und es ist auch völlig in Ordnung, wenn dein Stil und deine Art zu unterrichten nicht für jeden passt. Nimm es nicht persönlich, wenn jemand deinen Unterricht nicht mag, aber bleib offen für Feedback. Meist ist es gut gemeint.

Es braucht einfach Zeit bis die Schüler kommen, die zu dir passen. Für viele ist es eher die Ausnahme, dass die Klassen von Beginn an voll sind. Lass Dich nicht verrückt machen und gib dir Zeit. Die braucht es, um mehr und mehr deine ganz eigene Stimme zu finden. Und mit jeder Stunde, die du unterrichtest, lernst du mehr.

Was mir besonders geholfen hat, ist zuzuhören.

2. Tiefes Lauschen beim Yoga Unterrichten

Oft kommen nämlich Schüler nach der Stunde zu dir und erzählen dir, was sie besonders schön fanden oder auch mitgenommen haben. Lausche und nehme etwas davon mit, es ist ein Zeichen für deine Gabe.

Wenn du unterrichtest gibt es immer Dinge, die dir leicht fallen, bei denen du merkst du bist in deiner Kraft – vielmehr als würde eine Kraft hinter dir stehen, die deine Energie verstärkt. Dies ist ein wertvoller Hinweis darauf, dass du in deinem Element bist. Und dann verbindest du dich automatisch mit einer höheren Kraft. Im Yoga sprechen wir von Dharma. Etwas was durch dich ausgedrückt werden will.  Dies ist dabei total einzigartig und sehr verschieden. Für einige kann dies z.B. passieren, wenn Sie Details genau erklären (z.B. Iyengar Yoga Lehrer) , für Bhakti Yogis  kann dies beim Chanten passieren. Je mehr du zuhörst und wahrnimmst wann du voll in deiner Kraft stehst, umso mehr kannst du deinen Schüler auch geben. Denn diese Kraft überträgt sich auf sie und dies wiederum macht alle glücklich.

3. Hole dir Feedback von anderen Yoga Lehrern & dir selbst

Feedback ist so wertvoll. Wenn du befreundete Yogalehrer hast, ist es so hilfreich sich gegenseitig in den Stunden zu besuchen und sich ehrliches Feedback zu geben. Auch wenn du schon länger dabei bist, ist es gut offen zu bleiben für Rückmeldungen. Aber: spreche dich vorher ab, ob dein Feedback willkommen ist und teile auch was besonders gut fallen hat.

Einen außerordentlich hilfreichen Tipp gab mir Sharon Gannon. Sie riet: wenn du gerade anfängst zu unterrichten: Nimm deine Klasse zum Beispiel mit dem Smartphone auf und übe sie danach selbst noch einmal. Praktiziere das wirklich mal, es ist sehr aufschlussreich. Und du wunderst dich, was du manchmal so erzählst. Ich habe das anfangs regelmäßig gemacht und jedes Mal gestaunt. Dir wird bewusst, wann du überflüssige Füllworte benutzt, wann du aus dem Takt kommst und auch die Sequenzierung und dein Tempo kannst du noch einmal nachvollziehen. Diese  Form von Selbstfeedback ist Gold wert.

Plus: Praktiziere, was du unterrichtest! 

Ich bekomme immer wieder mit wie Yogalehrer vor lauter Unterrichten gar nicht mehr zum Üben kommen. Das spürt man im Unterricht. Bevor du von Klasse zu Klasse hechtest und aus dem letzten Loch „Hari Om“ pfeifst , sorge lieber dafür, dass du selbst eine regelmäßige Yogapraxis hast. Sie ist der größte Schatz für deinen Unterricht. Selbst so einfache Dinge wie Trikonasana kannst du besser unterrichten, wenn du es vorher geübt hast. Probiere es aus. Das meiste Wissen kommt nicht aus Büchern oder Seminaren sondern vom praktischen Üben. Einen guten Unterricht macht vor allem aus, dass du einen Raum zur Verfügung stellst und halten kannst. Und einen Raum kannst du am besten geben, wenn du ihn vorher selbst betreten hast.

Von Herzen Heike

2 Comments

  1. Danke liebe Heike für diesen wundervollen Artikel! Ich kann vor C-Level Managern eine Softwarearchitektur erklären, habe aber schiss mich vor einer Klasse auf die Matte zu stellen und zu unterrichten… verrückt. Deine Geschichte zeigt mir, dass es normal ist und jeder angefangen hat 🙂

    • Liebe Kim, wie wunderbar. Das war genau meine Intention. Es ist sowas von normal und wird mit jedem Mal unterrichten ein klein bisschen leichter.

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