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Das Bettina Schuler hier so peacig auf der Yogamatte sitzt, zeigt nur eine Seite von ihr. Sie ist eine Aktivistin, die voller Power Projekte und Visionen umsetzt. Sie ist Autorin, Yogalehrerin und überzeugt davon, das Yoga eine Lebenseinstellung ist. Ich kenne Bettina noch aus meiner Zeit des Jivamukti Yoga Teachertraining in Berlin. Im Interview erzählt sie, warum es für sie dazu gehört aktiv zu werden. Warum Scheitern ihr größter Erfolgsboost ist und wie sie mit Yoga, Frauen mit Traumata unterstützt. 

  1. Du bist Yogalehrerin, Autorin und dein Part als Aktivistin nimmt einen großen Part in deinem Leben ein. Wie hat sich das entwickelt?

Ich war im Grunde schon immer ein sehr politischer Mensch. Das mag auch daran liegen, dass ich meine Jugend in Bonn verbracht habe und in dieser Stadt auch als sie nicht mehr Hauptstadt war immer ein sehr politisches Klima herrschte. Demos, Mahnwachen, das alles habe ich mitgemacht. Und auch später, als ich zum Schreiben kam, war es mir immer wichtig für Zeitungen oder Magazine wie Spex zu schreiben, die einen linksintellektuellen Hintergrund hatten. Von daher ist mein Leben als Yogaaktivistin oder wie auch immer man das nennen mag eigentlich nur die logische Weiterentwicklung meines bisherigen Werdegangs.

  1. Warum ist es wichtig für dich selbst „aktiv“ zu werden?

Ich bin ein wahnsinnig ungeduldiger Mensch. Mich macht es wahnsinnig, wenn ich dabei zusehen muss, wie etwas nicht geschieht.  Deshalb nehme ich die Dinge lieber gleich selbst in die Hand. Dann weiß ich wenigstens, dass sie erledigt werden. Zudem fühle ich mich auf Grund meines sozialen Status und meiner Herkunft dazu verpflichtet. Denn von den Menschen, die tagtäglich um ihr Überleben kämpfen, kann man nicht erwarten, dass sie sich auch noch für die Rettung unseres Planeten und gegen soziale Ungerechtigkeit einsetzten. Ich dagegen, die mit ihrer Geburt schon zwei Mal in der Lotterie des Lebens gewonnen habe, weil ich in einem der reichsten Länder der Welt und in eine Mittelstandsfamilie geboren wurde, habe durchaus Kapazitäten dafür. Ja, ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass Menschen wie ich in gewisser Weise dazu verpflichtet sind.

  1. Wie hängt Aktivismus und Yoga für dich zusammen?

Yoga ist weder Sport noch ein schnöder Lifestyle. Es ist eine Lebenseinstellung, die an gewisse Werte wie Ahimsa (Nicht verletzen) oder Aparigraha (Nicht mehr nehmen, als wir benötigen) geknüpft ist. Und wenn man es wirklich ernst mit diesen Werten meint, dann muss man sich engagieren.

Denn wer es mit Ahimsa, der Gewaltlosigkeit wirklich ernst nimmt, der ist nicht nur achtsamer im Umgang mit seinen Mitmenschen, sondern auch mit den Ressourcen unseres Planeten. Sprich, für mich achtet ein wahrer Yogi darauf, was er konsumiert, wo es herkommt und wem damit allein schon durch seine Herstellung des Produkts, das er konsumiert Gewalt angetan wird. Und ob ein Retreat auf Bali oder nicht vielleicht besser in Brandenburg gibt.

4. Du hast 2016 die gemeinnützige Organisation Citizen2be gegründet –  Was möchtest Du mit deiner Arbeit bewirken?

Ich stamme aus einer Generation, in der die Eltern als Kinder noch den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Das Thema Krieg war in meiner Familie also immer präsent. Und auch, wenn nicht darüber geredet wurde, so haben sich die traumatischen Erfahrungen meiner Großeltern und meiner Eltern automatisch auf mich übertragen.

Jahrelang war mir das nicht bewusst. Ich habe mich immer wieder gefragt, woher die Ängste, die Schlafstörungen, die Gewissensbisse stammen, die ich seit meiner Kindheit mit mir herumtrage. Bis ich das Buch „Kriegsenkel*“ von Sabine Bode gelesen habe. Endlich wusste ich, dass ich mit meinen Ängsten nicht alleine dastehe und dass der Grund dafür die traumatischen Erfahrungen meiner Großeltern sind.

Psychologen sagen, dass Traumata über drei Generationen weitergegeben werden. Diesen Kreislauf möchten wir mit Citizen2be unterbrechen. Wir möchten den Menschen, die hier angekommen sind und eine neue Heimat suchen dabei helfen, ihre Traumata besser zu verarbeiten, damit sie sie im Idealfall nicht an ihre Kinder weitergeben. Dabei konzentrieren wir uns auf das, was wir gelernt haben: die Arbeit mit dem Körper.

Denn ein Trauma setzt sich nicht nur in der Psyche, sondern auf physischer Ebene fest und kann durch Berührungen, Gerüche u.ä. sogenannte Triggerpunkte, jederzeit wieder ausgelöst werden. Wir wollen den Frauen dabei helfen, dass sie sich wieder heimisch in ihrem Körper fühlen und dass sie, wenn sich eine Panikattacke anbahnt, durch die Kraft des Atems lernen damit umzugehen.

  1. Jetzt hast Du ein neues Projekt ins Leben gerufen, bei dem Du Yogalehrer im trauma-informierten Yoga ausbildest. Was bedeutet das genau? 

Wir möchten die Idee von Citizen2be öffnen und weiterverbreiten. Zum einen, in dem wir die Stunde für Frauen öffnen, die auf Grund von häuslicher Gewalt o.ä. traumatisiert wurden. Zum anderen, in dem wir Yogalehrerin unsere Erfahrungen und Lehrmethoden weitergeben. Deshalb haben Annette Söhnlein und ich gemeinsam mit einer Psychotherapeutin, die auf Traumata spezialisiert ist, eine Fortbildung entwickelt an der jede Yogalehrerin teilnehmen kann, die ebenfalls in ihrer Stadt, in ihrem Yogastudio, in einem Heim, in einem angemieteten Raum, wo immer es ihr möglich ist, eine Citizen2be-Stunde für traumatisierte Frauen anbieten will. So kann jede Yogalehrerin selbst aktiv werden, ist aber zugleich, durch das Dach von Citizen2be in ein größeres Netzwerk eingebunden, in dem wir ihr beratend zu Seite stehen. So können die Lehrerinnen nach ihrer Weiterbildung einmal im Monat ihre Frage an unsere Psychotherapeutin stellen. Mir ist es wichtig, dass unsere Arbeit seriös ist und dass alle ihre Grenzen wahren. Und wir Yogalehrer sind keine Psychotherapeuten.  

  1. Warum ist Yoga bei Traumata so kraftvoll?

Mit dem Yoga bekommen die Frauen einen Koffer an Werkzeugen mit, aus dem sie schöpfen können, wenn sie spüren, dass sie getriggert werden. Dadurch fühlen sie sich ihrem Trauma nicht mehr so ausgeliefert und erlangen Stück für Stück wieder vertrauen in sich und ihren Körper. Was gerade, wenn man in einem neuen Land Fuß fassen will, unglaublich wichtig ist. Denn bei vielen ist das Selbstbewusstsein auf Grund der Fluchterfahrung, des Verlust des sozialen Status und all ihres Besitzes verständlicherweise am Boden.

Mit dem Yoga könne sie aktiv zu ihrer Heilung und zur Stärkung ihres Selbstbewusstseins beitragen. Allein das gibt ihnen schon wieder das Gefühl, ihr Leben selbst in der Hand zu haben und führt dazu, dass wieder aufrecht durchs Leben gehen können und den Blick nach vorne und nicht nach unten zu richten.

  1. Du schreibst ein neues Buch zum Thema Yogaphilosophie. Was beschäftigst dich daran gerade?

In meinem neuen Buch geht es mir vor allem darum aufzuweisen, dass Yoga keine neue Trendsportart, sondern eine Lebenseinstellung ist. Denn wenn wir es wirklich ernst mit dem Yoga meinen, müssen wir uns auch an bestimmte Verhaltensregel im Umgang mit uns selbst und im Miteinander halten.

An diesem Punkt kommt die Yogaphilosophie ins Spiel. Denn sie gibt uns eine Anleitung dafür, wie so ein Leben aussehen kann. Und obwohl diese Philosophie schon Jahrtausend Jahre alt ist, hat sie nichts an ihrer Aktualität verloren. Ja, ich glaube sogar, sie ist aktueller denn je. Denn wir befinden uns momentan in einer Zeit, in der sich alle Menschen nach mehr Gemeinschaft und Achtsamkeit in Miteinander sehnen. Auch, weil wir alle endlich erkannt haben, dass die Versprechen des Kapitalismus uns nicht glücklich machen, sondern ganz im Gegenteil uns und unseren Planeten zu Grunde richten. Eine yogische Lebensweise indes ist nicht nur gut für unsere Umwelt und Mitmenschen,  sie wird uns auch dabei helfen, dauerhaft glücklich zu werden.

  1. Was ist deine Vision für die Zukunft?

Für Citizen2be ist meine Vision, dass wir Ende 2021 in mehr als 20 Städten eine Citizen2be – Stunde anbieten können. Also, falls eine Lehrerin, die das hier liest, noch Lust hat mitzumachen: Wir freuen uns über jede, die zu unserer Community stößt.

Prinzipiell hoffe ich, dass die Menschen endlich einsehen, dass der Kapitalismus weder gut für uns noch für unsere Umwelt ist und unsere Zukunft in einer Postwachstumsökonomie liegt. Das erfordert auch bei mir selbst ein wahnsinniges Umdenken. Immerhin bin ich in den 80er Jahren sozialisiert worden. In einer Zeit, in der Konsum und Wachstum das Heilversprechen war. Anderseits weiß ich aber auch genau deshalb, dass Konsum keine Lücken füllen kann, sondern sie nur noch größer werden lässt. Auch wenn meine Tochter, die gerade mal 12 Jahre alt ist, in diesem Punkt schon wesentlich weiter als ich ist. Wenn ich sie frage, ob sie den Pulli, den sie sich gerade im Geschäft angeschaut hat, kaufen möchte, sagt sie nur: “Ach, ich habe doch schon so viele.“ Das fällt mir leider immer noch nicht so leicht wie ihr.

  1. Du hast viele Projekte umgesetzt und kommst schnell in Handeln. Wie schaffst Du das? 

Ich mache mir einfach nicht immer so einen Kopf. Wenn ich eine Idee habe, dann gehe ich sie direkt an. Und wenn es nicht funktioniert, dann probiere ich es eben anders. Oder lasse es bleiben und probiere wieder etwas Neues aus. Was für mein Umfeld manchmal unglaublich anstrengend ist. Denn leider vergesse ich immer wieder meinen Mann zu sagen, dass ich jetzt doch nicht Philosophie studiere, sondern mich lieber an ein neues Buch wage.

Prinzipiell glaube ich, dass ich im Gegensatz zu sehr vielen anderen Menschen keine Angst vor dem Scheitern habe. Einfach, weil ich in meiner Jugend schon so unglaublich oft gescheitert bin. Mir sind die Dinge niemals zugefallen. ich musste sie mir immer hart erarbeiten. Und meistens sind sie mir auch erst beim dritten Anlauf gelungen. Der Führerschein sogar erst beim vierten. Das Scheitern ist für mich also der Normalzustand. Wenn ein Projekt, das ich angehe, nicht funktioniert, ist das für mich deshalb auch nicht gleich der Weltuntergang. Das macht es leichter, die Dinge direkt anzugehen. Zudem bin ich ja wie gesagt so unglaublich ungeduldig und mache die Dinge oft lieber selber, als darauf zu warten, dass sie jemand anders angeht.

Alle Infos zum Trauma-Informierten Yoga: 

www.ommm.yoga

Mehr über Bettina und Ihre weiteren Projekte erfährst Du hier:

www.bettinaschuler.de

www.citizen2be.de

Bettinas Bücher*:

„111 Gründe Yoga zu lieben“. Bettina Schuler

„Norahib bikom heißt willkommen: Von ehrenamtlicher Flüchtlingshilfe, einer syrischen Familie und mir. Eine Freundschaftsgeschichte“. Bettina Schuler

 

 

 

 

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Wenn du drin bist, ist es wie ein Sog. Du denkst, du mußt es so machen. Egal was kommt. Oft gibt es eine viel klugere Alternative.

Ich hatte so eine Begebenheit beim Surfen. Es war im März in El Palmar. Das Wetter war so schlecht, dass die Spanier überlegt haben, eine neue Jahreszeit zu erfinden. Ein Sturm im Februar mit 4 Meter Wellen hat den kompletten Strand weggefegt. Die Nachwehen spürten wir noch Anfang März. Hohe Wellen, teilweise völliges Durcheinander im Wasser. Ganz ungewöhnlich. Für mich als Surfintermediate also eine echte Herausforderung. Nun gut, dann mal los, dachte ich.

Wer nicht surft: die erste Herausforderung ist es durch das Weißwasser zu paddeln, um ins Line-Up zu kommen. Das ist die Zone, wo die Wellen nicht mehr brechen. Dort kannst du dann entspannt auf die Wellen warten.

Warum es sogar gefährlich sein kann, dir diese Frage nicht zu stellen

Wir sind also als Gruppe los. Die Idee: Wir treffen uns im Line up. Ich ging frohgemut ins Wasser. Legte mich auf mein Brett, wunderte mich kurz warum die Brandung so unfassbar laut ist und paddelte was das Zeug hielt. Ich paddelte und paddelte bis mir die Kraft ausging. Schaute auf die Wellen im Line-Up, bekam kurz ein mulmiges Gefühl und machte einfach weiter.

Ein, zwei aus unserer Gruppe haben es ins Line Up geschafft. Aber es war derartig starke Brandung. Wir anderen haben ordentlich gekämpft. Und dann haben sich die Ersten verletzt. Sind ungünstig abgeknickt. Einige haben sogar geblutet (was sonst quasi nie passiert). Und als auch ich plötzlich mein Knie verdreht habe, bin ich raus und habe mir mit Blick auf die Wellen diese alles entscheidende Frage gestellt:

Willst du es wirklich – wirklich?

Was daran gefährlich sein soll, sich diese Frage nicht zu stellen? Oft passieren Verletzungen genau dann, wenn du etwas tust, was du eigentlich gar nicht willst. Dein Körper verpasst dir einen Schlussstrich, wenn du nicht hinhörst. Das kann beim Yoga passieren, beim Surfen oder auch sonst im Alltag. Und deshalb solltest du dir diese Frage öfter mal stellen. Nicht nur beim Surfen.

Denn als ich mir diese Frage gestellt habe, war mir klar: ich will gar nicht ins Line-Up. Die Wellen sind an dem Tag zu hoch dafür, das ich mich Wohl fühle und Spaß habe. Als ich diese Entscheidung getroffen habe, machte ich noch ein paar Paddeltrainingssessions und gut. Alles war gut. Kein Kampf – dafür wieder Spaß und Freude.

Wie du besser wahrnehmen kannst, ob du es wirklich willst.

Warum passiert es überhaupt, das wir Dingen nachjagen, die wir überhaupt nicht wollen. Macht ja eigentlich gar keinen Sinn! Allerdings ist unser Gehirn zu mehr als 90% auf Autopilot unterwegs. Und das ist ganz egal, ob dies in der Partnerschaft ist, in deinem Job, im Urlaub, beim Yoga oder beim Surfen passiert. Dadurch:

  1. übersiehst du es im Alltag

2. Du bist so mit dem Tun abgelenkt, dass du deine innere Stimme nicht mehr hörst.

Dieses Signal hilft dir eine Entscheidung zu treffen

Ein deutliches Zeichen ist: Kampf. Wenn du das Gefühl hast, du rackerst dich ab und irgendwie geht es nicht weiter. Und vor allem kommst du nicht in das „Flow“ Gefühl. Das berühmte Glücksgefühl, das entsteht, wenn wir 100% bei einer Sache sind.

Immer wenn sich dein Körper nicht gut anfühlt – und damit meine ich nicht Angst, sondern dieses Gefühl, das irgendetwas nicht stimmt. Wenn dies auftaucht, lohnt es sich den Innencheck zu machen:

Dir ein ruhiges Plätzchen zu suchen und dich in aller Ruhe zu fragen:

Willst du es wirklich?

Wenn du etwas Raum lässt, kommt die Antwort immer.

Du hast alles Wissen in dir.

With love & passion

Heike

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