Yani Nörren hat sich für Bhakti Yoga entschieden. Ich habe ich sie während meines Apprenticeships in Berlin kennengelernt. Dort hat sie regelmäßig wunderschöne Yogastunden unterrichtet. Yani studiert seit Jahren Sanskrit bei Manorama und hat den Fokus ihrer Praxis auf Bhakti Yoga gelegt. Wenn sie singt, berührt mich das durch ihre zarte und trotzdem kraftvolle Art und Weise. Ihre Liebe zum Bhakti Yoga gibt sie in Workshops und Yogaklassen auf der ganzen Welt weiter. Sie fühlt sich überall dort Zuhause, wo sie Menschen trifft, mit denen sie sich auf Herzebene verbinden kann.

Du praktizierst Bhakti Yoga. Was bedeutet das für dich? 

Bhakti Yoga ist für mich Hingabe. Die göttliche Hingabe. Die Anerkennung, dass alles miteinander verbunden ist. Dass alles eins ist. Meine liebe Mentorin Tamar hat immer gesagt:

Das Gute in allem und jedem zu sehen, das alle auch miteinander verbindet, das ist Bhakti Yoga für mich. Verbindung. Wir sehen ja in erster Linie Dinge, die uns trennen und unterscheiden. Natürlich sehen wir unterschiedlich aus, haben verschiedene Haarfarben, andere Namen. Aber wir schauen weniger danach, was uns verbindet. Im Grunde genommen sind das aber ganz essenzielle Dinge: die Bedürfnisse, die jeder Mensch hat, die Ängste, die jeder Mensch hat. Je genauer man hinschaut, desto mehr erkennt man: wir sind gar nicht so verschieden. Wir sind ganz schön gleich. Haben ähnliche Bedürfnisse und Dinge, die wir benötigen und wünschen. Für mich ist Bhakti Yoga auch genau das zu erkennen und zu sehen und entsprechend mit meinen Mitmenschen umzugehen.

 Was bedeutet das praktisch für dich. Wie setzt du das um?

Ich versuche bei meinen Mitmenschen und in meinem Umfeld Dinge zu finden, die uns verbinden. In der Bhakti Yoga Tradition passiert dies ganz konkret durch das Chanten von Mantren in Form von Kirtan. Das heißt: zuerst singen wir in Ruf und Antwort und nach ein paar Durchgängen alle zusammen. Das gemeinsame Singen hat eine heilsame Kraft und es schafft genau diese Verbindung, nach der sich viele Menschen sehnen. Auch die Yogapraxis hilft mir alles in einem größeren Bild zu sehen und diese Empathie immer mehr und mehr zu entwickeln. Das ist wie ein Muskel. Dazu gehört auch die Reflexion der eigenen Handlungen.

Shri Brahmananda Sarasvati hat uns Menschen immer mit Radiosendern verglichen, die sich mit Hilfe der Praxis eintunen. Damit können wir uns also eintunen auf die Frequenz des Universums oder der göttlichen Liebe. Das finde ich ein schönes Bild.

Wenn wir uns überlegen, dass der Mensch zum Großteil aus Wasser besteht, erklärt das auch die Wirkung von Mantren. Wasser ist der beste Leiter für Sound, Klang und Vibrationen. Dadurch haben diese Mantren einfach eine unglaublich starke Wirkung auf uns und das rüttelt alles in die richtigen Bahnen.

Welche Wirkung hat das gemeinsame Singen. Das chanten in der Gruppe?

Je mehr man in diese Praxis eintaucht und sich hingibt, umso mehr weitet sich der Horizont. Man entwickelt eine feine Sensibilität der Empathie und Verständnis für die Sichtweise des Anderen. Auch wenn man manchmal denkt: Ok, für mich fühlt sich das jetzt so an, aber für den anderen fühlt sich das ganz anders an. Man lernt den anderen besser zu verstehen und kommt in einen Dialog miteinander. Gewisse Hemmschwellen und Barrieren werden dünner oder lösen sich vielleicht sogar auf. Das Singen und auch das gemeinsame Singen ist für jeden Menschen nicht nur heilend, sondern auch wichtig. Denn wir sind unser eigenes Instrument, somit spüren wir die Klänge und Vibrationen auch viel stärker. Unsere Stimmbänder sitzen an der Stelle, wo unser Halschakra ist. Dieses Chakra ist das Zentrum für Seelenwahrheit, Selbstbestimmung und Kommunikation. Es bündelt die Energie und leitet sie weiter an die Energiekanäle an das Chakrensystem. Deswegen hat das Singen oder Chanten miteinander für einen selbst und auch für alle anderen im selben Raum so eine heilende Wirkung. Besonders wenn wir einer Person oder einem Lebewesen unser Mantra widmen.

Es gibt so viele die sagen: ich kann nicht singen und auch Angst haben die eigenen Stimme zu zeigen. Wie gehst du damit um?

Singen ist eine sehr intime Sache. Und viele haben eine gewisse Hemmschwelle. Das entsteht oft dadurch, dass viele denken: ich muss eine Stimme wie Whitney Houston haben, um mitsingen zu können. Aber das stimmt nicht. Jeder der eine Stimme hat, kann singen. Im Kirtan geht es nicht darum, dass man den Ton gut trifft, sondern darum so gut es geht die Sanskritworte wiederzugeben. Das eigentliche Ziel ist, dass man nicht nur die Klänge und Vibrationen der Sanskritlaute bewusst wahrnimmt, sondern dass man auch die eigene Stimme spürt. Und im Grunde genommen: wer singt nicht gerne?

Ich erinnere auch immer wieder daran, dass es nicht um die Stimme geht. Es geht um den Klang und die Bedeutung der Worte. Meist kann sich nach 10 Minuten sowieso keiner mehr halten. Die ständige Wiederholung der Mantren haben eine so starke Frequenz auf den Körper. Sie rütteln dich quasi wach und du kannst dann einfach auch nicht anders als mitzusingen und mitzugrooven. Das macht einfach Spaß. Das ist die Hauptsache, dass es Freude und Spaß macht. Also vom Herzen fühlen und nicht mehr darüber nachdenken: wie höre ich mich an.

Kennst du diese Hemmung beim Singen selbst?

Auf jeden Fall! Obwohl ich Sängerin bin, war ich am Anfang sehr schüchtern. Bei meiner ersten Stunde mit meiner Lehrerin Manorama sollten wir nach vorne kommen und ein Mantra anleiten. Das Mantra, das sie uns gerade beigebracht hatte. Ich habe mich gar nicht getraut vor der Gruppe von 8 Leuten zu singen und dann sagte sie: „atme erstmal. Wir sind gar nicht da, atme erstmal tief durch.“  Und dann sagt sie:  „okay und jetzt fang an und chante das Mantra.“ Und da wurde mir erstmal bewusst wie essentiell der Atem ist und welche Wirkung es hat, den Atem zu entspannen. Das hilft auf jeden Fall: bewusst Atmen und allmählich verlierst du die Scheu und dann kommt es automatisch.

Wie bist du zu Bhakti Yoga gekommen? 

Tatsächlich über Jivamukti Yoga, weil es eine der 5 Säulen von Jivamukti Yoga ist. Das hatte ich so auch noch nie erlebt und das war auch das, was mich letzten Endes zum Jivamukti Yoga gebracht hat.

Was hat dich daran berührt.

Diese Reinheit. Das pure Sein. Wenn man dasitzt mit diesen anderen Menschen. Dieses Format des Kirtans. Das hat mich irgendwie an Gospel erinnert. Ich habe früher immer gern Gospel gesungen. Dabei hat mich auch die pure Hingabe beim Singen berührt. Das kam beim chanten wieder auf.

Wie würdest du das beschreiben?

Dieser Bewusstseinszustand in dem dir nichts fehlt. Wie Shri Brahmananda Sarasvati so schön gesagt hat:

Für mich ist jede Form von Bhakti ob es jetzt Gospel ist oder Kirtan ist: Yoga. Der Zustand in dem du dieses Gefühl der puren Glückseligkeit spürst. In dem Moment, wo du zu dem göttlichen, dem höheren Selbst Kontakt hast und auch nicht das Bedürfnis hast, an etwas anderes zu denken. Du bist einfach mit dir selbst verbunden.

Gibt es bestimmte Mantren, die du besonders gern singst?

Ja. Shanti Mantren, das sind Mantren, die sich nicht auf eine bestimmte Gottheit beziehen. Das Chanten ist auch ein Offering. Man gibt etwas aus tiefsten Herzen und ich gebe das über das Mantra in die Umgebung, in den Kosmos. Ich meine die Welt ist ja gerade im Chaos und wir sind auf dem Weg uns selbst zu ruinieren. Ich denke es ist so wichtig diese Shanti Mantren in die Welt zu schicken.

Was ist dein persönliches Anliegen?

Mein größtes Anliegen ist es, den Menschen zu helfen auf ihr Herz zu hören. Wir Leben in einer Welt, in der viele Dinge möglich sind und dennoch immer mehr Menschen zum Automatismus neigen anstatt wirklich auf ihre eigene innere Stimme zu hören. Ich finde es ganz wichtig, dass man sich selbst treu bleibt.

Eine regelmäßige Yoga- oder Mantrayogapraxis, ist einer von vielen wunderbaren Methoden deine bewusste Wahrnehmung zu deiner Intuition zu sensibilisieren. Sie hilft im Dialog mit dem Herzen zu treten und dementsprechend mehr auf das eigene Herz zu hören.

Unsere Gesellschaft ist im Moment ja leider so, dass das Herz eher zunehmend einen Panzer bekommt. Diese ganzen Zweifel Emotionen und Ängste, das sind die Dinge die uns quasi von unserem Ufer wegtreiben lassen. Aber die Praxis, ob es jetzt Yoga oder eine andere spirituelle Praxis ist, ist der Anker der uns nicht vom Ufer wegtreiben lässt. Der Anker hält uns fest und lässt uns nicht ins Uferlose treiben. Das ist eine Wahnsinnskraft. Bhakti Yoga kann da so hilfreich sein

Yani unterrichtet zur Zeit in Bern, besucht aber viele Städte mit Workshops. Mehr Infos:  www.atmikayogamusic.com

Fotocredit: Grit Siwonia

Bhakti Yoga

 

 

 

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